Ort:                   Wagenfeld

Friedhof:         Größe: 668 qm

                          Standort: Barver Str. (bei Schmales Bauerndiele Richtung Barver, von dort aus im 1. Wäldchen links der Straße)

                          Zustand: nach Friedhofsschändung 1982 wieder hergestellt.

                          Belegungszeitraum: ältester Stein von 1811 (Friedhof aber älter), letzter erhaltener Grabstein von 1927.

Liste der Steine 1. Johanne Kugelmann geb. Rhee -1877, 2. Marcus Kugelmann - 1866, 3. Friederike Kugelmann - 1868, 4. Gustav Jakob Kugelmann - 1878, 5. Leeser Kugelmann - 1888, 6. Louis Kugelmann - 1914, 7. Sophie Kugelmann - 1926, 8. M.L. Frank - 1860, 9. Caroline Frank geb. Weinberg - 1884, 10. L.M. Frank - 1863, 11. Rahel Frank - 1855, 12. Eva Kugelmann geb. Wölfing - 1871, 13 Jakob Kugelmann - 1851, 14. Sophie Weinberg geb. Bachmann - 1858, 15. Alexander Gumpel Weinberg - 1850, 16. Daniel Rosenberg - 1846 oder 50, 17. Mordecha (Weinberg) - 1823, 18. Mose (Weinberg) - 1811, 19. Mendel Behrens Blumenthal - 1873, 20. Sortine (Sara) Blumenthal - 1854, 21. Marcus Heilbrunn - 1917. 22. Emilie Heilbrunn geb. Blumenthal - 1922, 23. Alfred Heilbrunn - 1919, 24. Kurt Heilbrunn - 1927, 25. Bernhard Brokemar - 1920, 26. Johanne Brokemar geb. Roberg - 1923, 27. Ida Brokemar - 1924.

                          Auffälligkeiten: Tor verschlossen, Schlüssel im Rathaus

Synagoge:       Gebaut 1850/1. Laut Inspektionsbericht des Landrabbiners Dr. Samuel Meyer vom 30.10.1858 war die Wagenfelder  Synagoge besonders groß und schön. Sie wurde von Rabbiner Dr. Meyer (Amtszeit 1845 – 1882) eingeweiht, (Inspektionsbericht bei Sabelleck, Nienburg S.162)

Standort: Hauptstr. 62, wurde nach dem Verkauf in ein Wohnhaus umgewandelt (Schule befand sich lt. Fahldorf Am Entenplatz Nr. 20).

Spuren der Geschichte: Heilbrunnstr. (Gründer des Wollwerkes)

Chronologie:  um 1710 Erste Schutzjuden in Wagenfeld: Leiser Jakob (Handel und Geldgeschäfte) in Förlingen, Isaak Nathan, Sohn des Nathan Joseph (Schlachter), in Neustadt und Itzig. Dazu kann der Bäcker Racer aus Minden gezählt werden, der konvertiert und mit einer Christin verheiratet war. Es kam in dieser Zeit zu zahlreichen Judenbeschimpfungen von Seiten der christlichen Bevölkerung, die gerichtsaktenkundig und bestraft wurden. Aber auch die Juden untereinander lebten oft gegenseitig in Streit (Beispiele Hummel S. 113)

1710 Der Wagenfelder Schutzjude Isaak Nathan stellt Jakob Löbel als Privatlehrer an (scheint wirtschaftlich gut zu gehen)

1811 Ältester erhaltener Grabstein des Mose, Sohn des Alexander (Weinberg)

1813 Der jüdische Fleischer Philipp Herz aus Wagenfeld heiratet die Christin Marie Friederike Meissel, Tochter des Scharfrichters aus Sachsen – Meinigen

Seit 1820 jüdische Volksschule

1826 Klage des Vorstehers Alex. G. Weinberg über Unordnung im Gottesdienst, Bitte um Amtshilfe ans Amt, Vorschlag einer Synagogenordnung durch den Lehrers S. J. Brandeis (aus Dresden)

1836 Pläne zum Bau einer Synagoge

1850/1 Bau der Synagogen

1870 Mendel Behrens Blumenthal, hebr. Name Menachem, Sohn des Issachar), * 23.11.1802 in Hitzacker, mindestens seit 1854 in Wagenfeld (Begräbnis seiner dreißig Jahre jüngeren Ehefrau in Wagenfeld), Lehrer und angesehener Bürger in Wagenfeld, trieb nebenbei einen kleinen Handel. 1870 erwarb er eine Spinnmaschine (Schafzucht um Wagenfeld herum). Er starb am 1.1.1873.

1874 wird die Firma M.B.Blumenthal Wagenfeld ins Handelsregister eingetragen. Sie wird übernommen von Blumenthals Schwiegersohn Marcus (oder Max? so bei Gerke) Heilbrunn (1850-1917, verh. mit Emilie Heilbrunn geb. Blumenthal, 1851-1922). Zur Gründung schreibt Gerke, Frauenschicksale S. 135f:

Emilie Heilbrunn fing das Wollgeschäft an und nannte es nach ihrem Vater. Ihr Mann handelte mit Grundstücken und kleinen Maschinen. Emilie aber ging mit der Kiepe von Haus zu Haus und kaufte Schafwolle auf. Sie trieb den Betrieb voran und sorgte dafür, dass 1885 ein größeres Gebäude errichtet wurde. Nicht Max, sondern „seine Frau Emilie war die Tüchtige“. Das Diepholzer Kreisblatt vom 25. November 1950 formulierte es so: „Die Seele des Geschäftes war die Frau des Markus Heilbrunn, eine geborene Blumenthal, die unermüdlich von morgens bis spät abends tätig war und an jeder Maschine genau Bescheid wußte, sie auch bedienen konnte.

1905 hat die Fabrik 10 Beschäftigte und einen entsprechenden Maschinenpark.

1909 Übernahme der Firma durch die Brüder Richard und Hugo Heilbrunn. Die Fabrik erlangt größere Bedeutung und beliefert Kunden im gesamten norddt. Raum.

nach 1918 Zu der Spinnerei wird eine Tuchfabrikation aufgebaut.

um 1930 beschäftigt die Spinnerei 80 Arbeitskräfte. In Lübbecke wird eine moderne Kammgarnspinnerei errichtet, an der die Brüder Heilbrunn maßgeblich beteiligt sind. Der Vertrieb erfolgt weitgehend über Wagenfeld unter dem Markennamen „Wollkätzchen“, in Nürnberg, Dresden, Freiburg/Schlesien eigene Verkaufsbüros.

um 1933 lebten ca. 20 jüdische Bürger in Wagenfeld

1937 Zwangsverkauf der Fabrik M.B.Blumenthal Wagenfeld. Hugo und Richard Heilbrunn flüchten mit ihren Familien 1938 über England in die USA.

1941 Umbenennung der Fabrik in Wagenfelder Wollwerk

Zeitzeugen:     Ada Kozier geb. Heilbrunn

Ausgewählte Familien: Blumenthal, Brokemar, Frank, Heilbrunn, Kugelmann (Verwandtschaft mit den Lemförder Kugelmanns nicht nachweisbar), Weinberg.

Literatur:         Gerke, Wilfried, Von Damen und Dienstmädchen. Frauenschicksale  aus fünf Jahrhunderten zwischen Diepholz und Sulingen. Diepholz 2001. S. 85f Über Ada Kozier geb. Heilbrunn und S. 135f über Wollwerk.

                          Hummel, Julius, Chronik der Gemeinde Wagenfeld und des Amtes Auburg, Wagenfeld 1972, S.27f (Bilder vomWollwerk, der Familie Heilbrunn und der Belegschaft), S. 113 f und S. 129 f.

Dreiseitiges Ms 75 Jahre Wagenfelder Wollwerk K.G. Schulz & Körner Wagenfeld. 1949

Zweiseitiges Ms Wagenfelder Garne 1874 - 1974 vom Wagenfelder Wollwerk (1974)

Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933 - 1945, Nieders. Regierungsbezirk Hannover und Weser/Ems

Falldorf, Wilhelm, Wagenfeld. Wagenfeld und Ströhen - ein geschichtlicher Überblick. Wagenfeld 1988. S. 47

Gerke, Wilfried, Frühe Ehen zwischen Juden und Christen. Heimatblätter des LK Diepholz XIV. 1990/91. S. 16

Falldorf, Wilhelm, Wagenfeld und Ströhen in alten Bildern Bd.1. S. 20 (Wohnhaus von Richard Heilbrunn), S. 30 (Firmengebäude)

Henneberg S. 75 (Friedhofsschändung 1982)

Storz, Harald, Namensliste und Abschrift einzelner Steine vom jüdischen Friedhof in Wagenfeld. Manuskript 1998


Quellen:          Das Ortsarchiv in Wagenfeld wurde nicht eingesehen. Die einschlägigen Akten im Staatsarchiv sind mit dem Bemühen um Vollständigigkeit nach dem Findbuch aufgeführt.

Kreisarchiv Amt Diepholz Nr. 1053 Geburts-, Trauungs- und Sterberegister der Synagogengemeinde Wagenfeld.

HStA Celle Br. 72 a Acta des landgr. Kabinetts betr. Schutzerteilung für Juden zu Wagenfeld. Jahr 1714 (nach Marburg abgegeben)

HStA Celle Br. Nr. 278 Die Juden in den Ämtern Auburg, Freudenburg und Uchte ... 1816-17

HStA Hann. 74 Diepholz 824 Die zu errichtenden und errichteten Synagogen (ein Konvolut über Wagenfeld von 1826 – 1850: 1826 Klage über Unordnung im Gottesdienst, 1836 erste Pläne zum Synagogenbau, 1850 Synagogenbau mit Bauzeichnungen, Lageplan und Kostenvoranschlägen!)

HStA Hann. 74 Diepholz Nr. 830 Die jüdische Volksschule zu Wagenfeld sowie die Anstellung der Lehrer 1820-37

HStA Hann. 74 Diepholz Nr. 831 Die Bestellung der Vorsteher in der jüdischen Gemeinde Wagenfeld 1820-1912

HStA Hann. 74 Diepholz Nr. 832 Die Regulierung der Gemeindeverhältnisse resp. die Feststellung des Beitragsfußes in der jüdischen Gemeinde Wagenfeld 1827-59

HStA Hann. 74 Diepholz Nr. 833 Die von den israelitischen Familienhäuptern anzunehmenden unveränderlichen Familiennamen 1828.

HStA Hann. 74 Diepholz Nr. 834 Sterbeliste der Synagogengemeinde zu Wagenfeld 1859-61

HStA Hann. 80 Hann I Nr. 67 Die Herabsetzung des Schutzgeldes der Juden in der Amtsvogtei Auburg 1823-30

HStA Hann. 80 Hann I Nr. 68 Die Niederschlagung der rückständigen Schutzgelder des Israeliten Jacob Gumpel Kugelmann zu Wagenfeld 1833.

HStA Hann. 80 Hann I Bf Nr. 69 Schutzerlaß pro 1832/3 für den Schutzjuden Philipp Herz Leffmann zu Wagenfeld 1832

HStA Hann. 80 Hann I Bf Nr.70 Die Feststellung eines Beitragsfußes für die gemeinschaftlichen Abgiften der Judengemeinde zu Wagenfeld 1831-32

HStA Hann. 80 Hann I Bf Nr. 74 Der Bau einer Synagoge für die Synagogengemeinde Wagenfeld 1850-51

HStA Hann 83 b Jüdische Personenstandslisten A Familienbuch des Landrabbinats

Teil I Landdrostei Hannover: Gericht Bantel - Amt Ehrenburg 1767 - 1842,

Teil II Landdrostei Hannover Amt Freudenburg - Hoya, dies. Jahre

Teil III Landdrostei Hannover Amt Harpstedt - Amt Wennigsen

Teil IV Landdrostei Hildesheim: Gericht Adelebsen – Amt Friedland

Teil V Landdrostei Hildesheim: Stadt Göttingen – Amt Uslar

Teil VI Landdrostei Lüneburg und Register!

HStA Hann 83 b Nr. 150 Wagenfeld Geb. 1844-85, Trauung 1844-1873, Beerdigungen 1844-88

Hann 108 H Nr. 2136 Verhandlungen. der 1. Cammer 1832 und dazugehörige Anlagen  (die Petitionen sind Kopien!)

Nr. 36 Wagenfeld vom 3.7.1832

Hann 108 H Nr. 2482 Verhandlungen. der 2. Cammer 1832/3 und dazugehörige Anlagen (die Petitionen sind Kopien!) Nr. 37 Wagenfeld vom 3.7.1832


Anmerkung: Laut Müller, Brinkum S. 26 lebte 1824 im Haushalt des Moses Gumpel Weinberg der Knecht Louis Kugelmann aus Wagenfeld. Dabei handelt es sich um Elieser/Leeser/Louis Kugelmann (1806-1886). Moses Gumpel Weinberg selbst wurde ebenfalls in Wagenfeld geboren, war ein Sohn des Mordechai und Bruder des Alexander Gumpel Weinberg und lebte in Drebber, Diepholz und in Brinkum (s. Kapitel 4 Brinkum).