Ort:  Diepholz (mit Barnstorf, Cornau und Drebber)

Obwohl Barnstorf keine anerkannte, selbständige Synagogengemeinde war, gab es einen Friedhof und zeitweilig Versuche einer Gemeindebildung mit Synagoge und Vorsteher. Deshalb wird Barnstorf in einem eigenen Kapitel dargestellt.

Friedhof:         Größe 2170 qm

Standort: Schlesier Str./Ecke: Pommernstr.

Zustand: Keine Grabsteine erhalten. Zwei Gedenksteine. Der ältere stammt von 1954; seine Entstehungsgeschichte ist weitgehend unbekannt. Der zweite Gedenkstein entstand 1997 und verarbeitete die Trümmer alter Grabsteine.

Belegungszeitraum: vor 1774 – 1942 (Sammy Philippsohn). Der Friedhof wurde 1883 (nicht 1783!) durch einen Grundstückskauf von der St. Nicolaigemeinde erweitert.

Auffälligkeiten: Der Friedhof wurde Nov. 1938 verwüstet, im Nov./Dez. 1941 wurden die Grabsteine zertrümmert und zur Fundamentierung der Lüderstraße verwendet. Bei Bauarbeiten im Sommer 1995 wurden Reste die Steintrümmer geborgen und in das Denkmal auf dem Friedhof eingearbeitet.

Im Sommer 1942 wurden die Gebeine exhumiert. Die Gebeine von Sammy Philippsohn wurden nach Quernheim überführt.

Synagoge:       Standort: Befand sich Mühlenstr. 5, abgerissen, (Gedenktafel am Nebenhaus, z.Z. Elektronikgeschäft Strathmann)

Chronologie: 30.6.1835 von der Judengemeinde angekauft, 1938 beschädigt,  1946 instandgesetzt, 1953 verkauft und abgebrochen.

Spuren der Geschichte: Ratssaal im Neuen Rathaus, Glasfenster, gestiftet von Simon Siegfried Fontheim. 1905 (S. S. Fontheim war Ehrenbürger der Stadt)

Mühlenstr. 5, Gedenktafel zur Erinnerung an die Synagoge

Nicolaikirche, im Turmeingang befinden sich zwei Gedenktafeln für die im 1. Weltkrieg gefallenen und vermißten Bürger der Stadt. Die Namen Fontheim  und  Goldschmidt wurden um 1938 gestrichen und nach dem Krieg erneuert.

Robergstr (Günter Roberg lebt in Israel).

Fontheimstr.- (jüdischer Ehrenbürger)

Zeitzeugen:

Ausgewählte Familien: Diepholz 1935 (Adreßbuch 4429 Einwohner in 930 Haushaltungen, 4320 ev./82 kathol./27 jüd. Einw. (97.5/1.8/0.6%)

Ginsberg, Hermann, Viehhändler, Hindenburgstr. 54 (Ginsberg aus Varrel  und Rahden 1926/28 nach Diepholz)

Ginsberg, Sophie, Witwe, Grafenstr. 23

Ginsberg, Walter, Viehhändler, Grafenstr. 23

Goldschmidt, Fanny, Witwe, Kohlhöfen 30 (Goldschmidt aus Jacobidrebber  nach 1901/vor 1912 nach Diepholz)

Kleinschmidt, Gustav, Schlachtermeister, Lange Str. 16

Löwenstein, Alma, Kohlhöfen 7

Löwenstein, Mimi, Kohlhöfen 7

Philippsohn, Semmi, Hindenburgstr. 46 (Philippsohn kam 1901 aus Kleinenbremen  bei Minden - 28.03.1942 vor dem Transport ins KZ erhängt, bei Friedhofszerstörung und Exhumierung aller Knochen im Sommer 1942 wurde Philippsohn ebenfalls exhumiert und nach Quernheim umgebettet)

Samenfeld, Moritz, Arbeiter, Grafenstr. 21 (Samenfeld bereits vor 1814 in  Diepholz),

Quellen:          Im Staatsarchiv Hannover (Die meisten Akten im Hauptstaatsarchiv sind bisher nicht ausgewertet).:

1.         Cal Br. 23, Nr. 579 Übersicht über die Calenberger Juden 1702 (Abschrift in Zeitschrift für Niederdt. Familienkunde 75. Jg. 2000 S.157ff)

2.         Hann 74 Diepholz 822 Ältere Generalia und auch einige Spezialia betr. die dem Rabbiner in Hannover zugestandene Jurisdiktion in Privatstreitigkeiten der Juden (über zwei spannende innerjüdische Konflikte in Diepholz 1740 und 1779.)

3.         Hann 74 Diepholz 823 Hiesiger (Diepholzer) Judenkirchhof 1792 – 1883

4.         Hann. 74 Diepholz 824 Die zu errichtenden und errichteten Synagogen (umfangreiches Material zur Diepholzer Synagoge ab 1792!)

5.         Hann 108 H Nr. 2136 Verhandlungen. der 1. Cammer 1832 und dazugehörige Anlagen Nr. 13 Petition der Diepholzer Gemeinde zur Emanzipationsdiskussion

6.         Hann 108 H Nr. 2482 Verhandlungen. der 2. Cammer 1832/3 und dazugehörige Anlagen Nr. 15. Petition Diepholz.

7.         Hann 93 Nr. 1087 Schutzreverse für die Juden ... Moses Jonas zu Diepholz, enthält auch Formular eines Schutzreverses (ca. 1707) [vgl. Liebezeit S. 208. Vielleicht der unbekannte Vater von Samuel und Simon?]

8.         Hann 131 (Landrabbinat) Nr. 29 Synagogenbezirk Diepholz 1834-1895

Eine Fundgrube ist auch das Diepholzer Stadtarchiv im Neuen Rathaus.

Literatur:         Das Bürgerbuch der Stadt Diepholz 1788-1851. Bearb. und hg. von Emil Johannes Guttzeit und Herbert Major. Diepholz 1979. S. 11

Herbert Major, Siegfried Simon Fontheim - Gönner seiner Vaterstadt.

In: Bärenschild und Löwentatze Nr. 5/1982

Herbert Major, Max Fontheims Wunsch: Lerneifer der Diepholzer Jugend fördern. In: Bärenschild und Löwentatze Nr. 13/1982

Wilfried Gerke, Juden unter uns: Ein fast vergessenes Kapitel Geschichte.

In: Heimatblätter des Lk Dh XIII.1988/89 S.47-52

Wilfried Gerke, Eine Phase der Radikalisierung. In: Heimatblätter des Lk Dh XIII.1988/89 S.49

Wilfried Gerke, Das Schloß Diepholz als politisches Gefängnis. In: Heimatblätter des Lk Dh XIII.1988/89 S.42

Oskar Bödeker, Rede zum 9.Nov.1988. (enthalten im Materialordner der Stadtbücherei)

Materialordner mit diversen Beiträgen in der Stadtbücherei Diepholz

Herbert Major, Entstehung und Geschichte der Diepholzer Synagoge.

In: Zwischen Dümmer und Eschbach. 1990.

Wilfried Gerke, Jüdische Lehrer in Diepholz. In: Heimatblätter des Landkreises Diepholz XIV.1990/91 S.47f

Wilfried Gerke, Das Verhältnis zu den Juden. Latenter Antisemitismus schon vor der Industrialisierung.In: Heimatblätter des Lk Dh XV.1992/93  S.81-84

Nicolaus Heutger, Jüdische Spuren in Niedersachsen. Münster 1997 S.27 (Bericht über einen Konflikt zwischen Synagogenvorsteher und Lehrer  im Jahr 1817)

Videofilm Interview mit Günther Roberg zum 9.11.1997 Diepholz  (erhältlich in der Stadtbücherei und im der Kreisbildstelle Diepholz)

Hilmar Kurth (Hg.), Günter Roberg erinnert sich. Diepholz 1998.

Falk Liebezeit und Herbert Major, Auf den Spuren jüdischer Geschichte in Diepholz. Diepholz 1999

Wilfried Gerke, Grabsteine als Straßenschotter. Weniger Bekanntes über einen Diepholzer Friedhof. In: Heimatblätter des Landkreises Diepholz Nr. 11/1999 vom 5.6.1999

Rüdiger Kröger, Die Calenberger Juden im Jahr 1702. In Zeitschrift für Niederddt. Familienkunde 75. (2000) S.159 (Quelle über Niederlassung 1694 Samuel Moyses und Simon Moyses).

Auskunft:        Wilfried Gerke, Falk Liebezeit (Stadtarchivar), Herbert Major.