Ort:                                Barnstorf

Friedhof:                        Größe 3114 qm

Standort: Am Rosengarten

Geschichte: Der Friedhof wird erstmals 1801 urkundlich als “Judenberg” erwähnt, existierte aber schon vorher. Soll ursprünglich von einem Juden des Fleckens als Garten gepachtet und auf seine Bitte hin zur Bestattung freigegeben worden sein.

1879/80 wurde der Friedhof erweitert und eingefriedet. Darauf weist die Stifterinschrift auf den beiden Torpfosten am Eingang hin (Nathan Ahrons und Betty Ahrons geb. Goldschmidt, 1879).

Zustand: Naturgrundstück, mehr oder weniger gepflegt, 10 Steine und Fragmente eines Steines ohne Namensinschrift erhalten, mehrere Steine liegen auf der Erde, einige Sandsteingrabsteine starke Erosionsschäden.

Belegungszeitraum: vor 1800 - 1936 ().

Liste der Steine: 1. Moritz Wesermann - 1936, 2. Mathilde Goldschmidt - 1921, 3. Frieda Bloch - 1876, 4. Samuel Bloch - 1879, 5. Betty Ahrons geb. Goldschmidt - 1896 6. Nathan Ahrons - 1897, 7. Julius Goldschmidt - 1918, 8. Pauline Goldschmidt 1889, 9. Sockel und Giebel eines schwarzen Marmorsteines, 10. Moses Goldschmidt - 1899, 11. Emma Goldschmidt – 1917, 12. Abraham Wesermann – 1896.

Auffälligkeiten: Torpfosten mit Stifterinschrift, Belegung aus Jacobidrebber

Synagoge: Guttzeit schreibt: “Die Juden unterhielten in Barnstorf eine Synagoge.” Da die Barnstorfer und Drebberaner Juden 1842 zur Diepholzer Gemeinde gezählt und offiziell nicht als eigene Synagogengemeinde anerkannt wurden, handelt es sich bei der genannten Synagoge vermutlich um einen Betraum in einem Privathaus. Besagter Betraum ist 1842 belegt und befand sich vermutlich im Haus des Gemeindevorstehers Benjamin Abraham Rosenthal im Haus Nr. 13, das heute nicht mehr besteht.

Die Juden in Barnstorf scheinen sich in den 1840’er Jahren um eine Gemeindegründung bemüht zu haben, die offiziell aber nicht anerkannt wurde. Eine gottesdienstfähige Gemeinde kam nur zustande durch Verstärkung aus umliegenden Orten.

Lehrer: Bisher sind keine jüdischen Lehrer in Barnstorf nachweisbar, aber in Goldenstedt bei der nach Barnstorf orientierten Familie Koppel/ Eichholz.

1832-33 Moses Hart (Haardt), * London, Sohn deutscher Eltern, engl. Untertan, 1831 Paß in den Haag ausgestellt, war an vielen Orten in Deutschland, Vorsänger in Barnstorf. 1832-33 Lehrer bei Marcus Koppel (* in Barnstorf) in Goldenstedt und dessen Schwiegersohn Simon Eichholz.

1834-36 Leyser Raphael Sorck, aus Wreschen (Posen), in genannter Zeit Lehrer bei Simon Eichholz in Goldenstedt.

1835-39 Moses Nachmann, * um 1817 in Rendsburg, Sohn des Nachmann Moses, 1835-39 Lehrer bei Simon Eichholz in Goldenstedt, 1839 - 41 in Wildeshausen

1846-47 Wladimir Wilhelm (später Ludger Gregor), * 11.11.1817 aus Krotoschin, 1846 Lehrer in Harpstedt, dann bei Simon Eichholz in Goldenstedt, entlassen 1847 wegen Konversion, getauft 1847 in Goldenstedt.

Geschichte: 1699 Aaron Nathan(s?) wird in Barnstorf auf Veranlassung des Hannover‘schen Hoffaktors Leffman Behrens zugelassen (Liebezeit S. 125, vgl. S. 12f Anmerkung).

1704 In Barnstorf ist Ahrons Levi urkundlich nachweisbar. Er zahlt Abgaben als Heuermann, von seinem Handel, Fouragegelder und einen “Extraordinaire Beytrag”. (Guttzeit, a.a.O.

1793 In Barnstorf leben drei Schutzjuden, die von Beruf Händler und Schlachter sind.

1794 Erste Klagen über Handel treibende Juden

1801 Anordnung des Amtes in Diepholz, den jüdischen Kirchhof beim Plaggenhieb (= Am Rosengarten?) nicht zu beschädigen.

1806 Verordnung, mit welchen Waren Juden "der Mithandel" gestattet  ist. Christliche Kaufleute haben sich über verbotenes Hausieren durch jüdische Konkurrenz beschwert.

1814 Moses Gumpel Weinberg, aus Wagenfeld stammend, wo sein Vater und sein Bruder begraben sind, lebte in Drebber, galt als vermögend, während der Franzosenzeit in Diepholz, ab 1814 wieder in Drebber. 1818 wegen Nähe zu Bremen nach Brinkum (s. Müller, Brinkum S. 16 und S. 18: Ehefrau Julie Moses und Kinder), beerdigt 1843 zusammen mit seiner Frau (1847) in Syke (älteste Syker Grabsteine)

1817 Anordnung, “herumgehende Juden” (=Hausierer) sollten verhaftet werden. Besonders wird (auch in Cornau) vor den Wagenfeldern gewarnt.

1824 (Marcus) Heinemann de Baer, aus Stolzenau, 1823/4 Lehrer in Lohne, will 1824 Tochter der Schutzjuden Meyer aus Barnstorf heiraten.

1832 Drei Schutzgeld zahlende Juden und ihre Familien in Barnstorf: Meyer Moses Wesermann, Benjamin Abraham Rosenthal und die Witwe Ahrens (auch Aron geschrieben, in einem Schreiben von 1817 als Witwe des Aron Koppel).

1842 Am 3.Dez. Schlägerei/Tätlichkeit des Meyer Moses (Wesermann) gegenüber dem Vorsteher B.A.Rosenthal während des Gottesdienstes in der Synagoge, führte zu einer Untersuchung durch das Amt Diepholz. Bei dem Vorfall waren zugegen: Meyer Moses (Wesermann) und Abraham Moses (sein Bruder?), Marcus und Nathan Ahrens (wahrscheinlich Nachfahren des ersten Barnstorfer Juden von 1704 und Kinder der Witwe Ahrens, die 1832 genannt), Benjamin Abraham Rosenthal und sein Sohn Abraham, Israel Moses Goldschmidt und sein Sohn Moses Israel aus Cornau, Narons (!) Coppel (so bei Guttzeit, wahrscheinlich = Marcus, da aus Goldenstedt, oder (N)Arons und Marcus Vater/Sohn oder Brüder?) und Moses Simon Eichholz aus Goldenstedt und Levy Jacob aus Bassum, Knecht bei Meyer Moses (Wesermann). Worum es ging, ist bei Guttzeit nicht zu erkennen.

1843 Erfolgloser Protest der christlichen Kaufleute gegen die Niederlassung eines weiteren jüdischen Handelsmannes

1846 Zur jüdischen Gemeinde gehören Familien in Barnstorf, Cornau, Goldenstedt und Heiligenloh.

1852 19 Einwohner (=2,84 %) sind jüdisch.

1880 Erweiterung und Einfriedung des jüdischen Friedhofs (Stiftung des Nathan Ahrons und seiner Frau, 1879).

1890 16 Einwohner (=1,78%) sind jüdisch.

1891 Moritz Wesermann war Gründer des Sportvereins MTV - Jahn

1901 sind im Adressbuch des Landkreises von 1901 sind 11 jüdische Bürger ausgewiesen.

1904 Bürgermeister Plümer läßt die Friedhofsmauer durch Maurermeister Koldewey ausbessern.

1904 Moritz Wesermann, angesehener Bürger des Ortes, wird Schützenkönig (Gerke).

1911 Für Barnstorf und Jacobidrebber laut stat. Jahrbuch 14 jüdische “Seelen”.

1912 sind im Adressbuch des Landkreises keine jüdischen Bürger verzeichnet.

1914 - 1918 Zwei Juden aus Barnstorf, Johann und Georg Wesermann werden an der Westfront mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Hugo Fränkel, *10.5.95, verm. 21.3.18 - Sturm Kp./ 34. Inf.Div. . Metzgergehilfe, Musketier, Inf.reg. 67, zuletzt Sturmkompanie der 34. Inf.Div., verwundet und vermißt beim Sturm auf Noyon am 21.3.1918, ledig.

1924 Barnstorf und Jacobidrebber laut stat. Jahrbuch 14 jüdische “Seelen”.

1924 Beim Schützenfest kommt es zu antisemitischen Äußerungen.

1929 Adolf und Kurt Wesermann emigrieren nach Holland.

1932 Für Barnstorf und Jacobidrebber laut stat. Jahrbuch 15 jüdische “Seelen”.

1932 “In der Nacht vom 23. zum 24. Januar wurden auf dem jüdischen Friedhof zwei Grabmäler geschändet. In der Nacht der Tat fand in Barnstorf ein Ball der NSDAP statt. Die Täter konnten bisher nicht ermittelt werden.”

1935 noch 10 Juden in Barnstorf

1936 Letztes jüdisches Begräbnis (M. Wesermann)

1938 Das Haus der Geschwister Fränkel wird von SA angezündet, die Bewohner werden ins Spritzenhaus abgeführt. “Schulkinder waren angestiftet worden, dem Paar zu folgen und es zu verspotten. ... Die Polizei verfügte den Verkauf auf Abbruch bis zum 1. März 1939.” (Gerke)

1939 am 4.Oktober wird gemeldet, daß Barnstorf jetzt “judenfrei” sei.

Literatur:                         Guttzeit, Emil Joh., Geschichte des Fleckens Barnstorf im Landkreis                         Diepholz Bd. 1. Diepholz 1986 S.111 f.

                        Ms. Die Juden in Barnstorf. Autor und Herkunft unbekannt. Entstanden 1988 ?(im Materialordner der Diepholzer Stadtbücherei)

                        Friedhofsschändungen in Deutschland 1923 - 1932. Dokumente der politischen und kulturellen Verwilderung unserer Zeit. Zusammengestellt vom Centralverein Deutscher Staatsbürger Jüdischen Glaubens e.V. 5.Aufl. 1932. S. 29

                        Zahlreiche einzelne Informationen in Gerkes Beiträgen in der Heimatblättern (z.B. über Moritz Wesermann)

Storz, Harald, Die Grabsteine des jüdischen Friedhofes in Barnstorf. Manuskript 2000

Rüdiger Kröger, Die Calenberger Juden im Jahr 1702. In Zeitschrift für Niederddt. Familienkunde 75. (2000) S.159 (Quelle üner Niederlassung 1699 Aaron Nathan).

                       

Quellen: Archiv der Gemeinde Barnstorf. Flecken Barnstorf. Ziffer A 53 Die Juden 1704 – 1904

Kreisarchiv Nr. 1071 Gesuche von Israeliten zum Ankauf von Grundstücken in Barnstorf 1804 - 47

Staatsarchiv Hannover (HStA) Hann. 74 Diepholz 827 Der Judenkirchhof zu Barnstorf 1801 – 1879.

Im Hauptstaatsarchiv sind weitere Akten betr. Barnstorf bin den einschlägigen für Diepholz zu finden, z.B.

HStA Cal. Br. 23, Nr. 582 (und/0der 579?) Acta der Geheimen Räte in Hannover betr. Schutzjuden im Flecken und Amte Diepholz 29.3.1702.

HStA Hann. 83b Jüdische Personenstandslisten A Familienbuch des Landesrabbinats Teil I 1767 -  1842.

Auskünfte:                        Wilfried Gerke und Falk Liebezeit, zum Friedhof Harald Storz.